Tag 10 - Y Viva España
Entgegen den Bewertungen (7,2) auf Booking.com ist unser Hotel super und wir haben gut geschlafen. Es gibt Frühstück und Kaffee, also alles bestens. Frisch koffeiniert und gestärkt packen wir unsere Räder. Ich tausche noch schnell meine Bremsbacken aus, da uns Komoot sagt, dass wir uns auf einige schöne Abfahrten freuen dürfen. Das heißt natürlich was? Klar, das es vorher bergauf geht … ole´!Und so nehmen wir die letzten Meter Frankreich in Angriff. Und „Le France“ verabschiedet sich, so wie Komoot es uns angekündigt hatte, mit einem langen Anstieg! Clevererweise sind wir heute aber zeitig genug gestartet, um, ganz spanisch, während der Mittagshitze eine Siesta zu machen. Es ist trotzdem schon ordentlich warm. Aber irgendwann ist auch dieser Berg bezwungen und wir fahren hinein in das letzte französische Dorf vor der Grenze. Dieses lässt sich gut vergleichen mit einem tschechischen Grenzdorf. Am Straßenrand wechseln sich Zigarettenläden mit „Designerklamottenläden“ und Duty Free Shops ab. Etwas verstörend finde ich das, da ich dachte, dass Spanien das billigere Land ist. Na egal. Fakt ist, das Castingcrews diverser deutscher Privatsender hier ihr persönliches Mekka vorfinden würden. Unser Grenzübertritt ist wieder völlig unkompliziert. Niemand will auch nur irgendetwas sehen. Spanien … krass. Wir sind tatsächlich bis nach Spanien geradelt. Darauf müssen wir anstoßen. Und so entscheiden wir uns, im ersten spanischen Ort unser erstes „San Miguel“ zu trinken. Gesagt, getan. Es ist erst halb zwölf. Also essen wir noch etwas und, statt Siesta zu machen, starten wir schön vollgefressen und drei Bier später gegen 12.30 h in die Mittagshitze Spaniens. Läuft bei uns. Aber die Preise sind im Vergleich zu Frankreich wenigstens wieder normal.
Die ersten Meter sind holprige schmale Feldwege. Wenig einladend, jedoch gut beschildert. Für kurze Zeit wird es besser. Wir erleben ein traumhaft schönes spanisches Hinterland. Die Hitze ist vergessen, als wir durch atemberaubend schöne Landschaften fahren. Der Weg wechselt immer wieder zwischen Feldwegen und kaum befahrener Straße. Er führt uns durch Dörfer, vorbei an Fincas, Feldern, Apfelplantagen und Bauernhöfen. Beim Blick zurück sehen wir wieder die majestätischen Ausläufer der Pyrenäen. Immer wieder rollen wir dabei auf kleinen Straßen, wie auf einer Art Rollercoaster, sanft bergab. Einfach traumhaft. Jedoch holt uns die Realität mit ihren hohen Temperaturen schnell ein. Irgendwie hat sich seit der Grenze nicht nur die Landschaft schlagartig geändert, sondern auch die Hitze. Als hätte diese ein Einreiseverbot in Frankreich gehabt. Immer wieder stoppen wir in kleinen malerischen Dörfern für kurze Pausen und um unseren Flüssigkeitshaushalt zu regulieren. Und kurze Zeit später sind wir dann zurück am Meer. Vorbei mit Ruhe und Entspannung. Hinein geht es in ein Touristenmoloch ohne Namen an der spanischen Costa Brava. Strände, rot gebräunte Sonnenanbeter, teure Cocktails und das typische Pauschalurlaub-Publikum. Olé!
Wir finden in der Nähe einen Zeltplatz. An der Rezeption wird deutsch gesprochen, was nicht verwunderlich ist auf einem Zeltplatz der, wie wir feststellen müssen, komplett in deutscher Hand ist. Super, mein persönlicher Urlaubsalptraum. 2000 Kilometer von daheim und nebenan laufen ganz kölsch „De Höhner“. Spätestens jetzt weiß ich, dass in der deutschen Domstadt Ferien sind. Aber na gut, für unsere Situation macht es das gerade etwas einfacher. Wir bekommen nämlich unsere Heringe nicht ohne Hammer in den steinharten Boden. Doch Menschen aus NRW sind meist sehr nett. So auch unser Nachbar. Er leiht uns einen Hammer und erkundigt sich danach, wer wir sind und wo unsere Reise hingehen soll. Ok, der ist echt nett. Vielleicht sollte ich mal meine Vorurteile überprüfen. Trotzdem könnte ich nicht, wie die meisten hier, Jahr für Jahr vier Wochen oder mehr an den selben Ort fahren. Sogar auf die selbe Stellfläche!!! Aber … leben und leben lassen, und jedem das Seine. Markus, unsere Bekanntschaft von vor drei Tagen, hatte geschrieben, und gesellt sich, auch aufgrund des Campingplatzpreises, zu uns. Es wird ein lustiger Abend mit vielen Gesprächen und ein, zwei Kaltgetränken sowie einem Diskobesuch am Strand. Ich stelle fest, dass ich entweder zu alt und/ oder für so was nicht gemacht bin. Ich wanke zurück und lege mich schlafen.
Tag 11 - Uno, dos, tres
Au, Kopfschmerz. Ich erwache mit einem Kater. Dabei wollten wir gestern nur nochmal „auf eins losgehen“. Es ist, wie es ist. Nur langsam kommen wir in
Gang. Nicht so Markus. Der hat schon fertig gepackt und verabschiedet sich von uns. Wir wünschen ihm noch alles Gute und dann ist er auch schon weg. Wir haben heute unser eigenes Tempo.
Fertig mit Allem starten wir in Richtung unseres Tageszieles, St. Antoni, wo wir ein Hotel gebucht haben. Bis dahin sind es auch nur 54 Kilometer und knapp 300 Höhenmeter. Mehr muss heute
aber auch nicht sein. Die Fahrt ist aufgrund des wenigen Verkehrs recht angenehm und wir kommen gut voran. Auf vielen kleinen Wegen schlängeln wir uns durch´s Hinterland. Es läuft gut. Und
als wir beschließen, in einem der nächsten Orte was zu essen, passiert es dann. Mario hat einen Platten am Hinterrad. Unter einer Brücke finden wir Zuflucht vor der Hitze und Mario kann
wenigstens im Schatten seinen Reifen flicken. Zum Glück sind wir diesbezüglich mittlerweile erfahren und schnell ist alles geflickt und wieder zusammen gebaut. Google Maps schlägt mir ein gut
bewertetes Restaurant im übernächsten Ort vor. Also machen wir uns daran, die 6 km bis dahin schnell hinter uns zu bringen, schließlich haben wir mittlerweile richtig Kohldampf. Im Vergleich
zu meiner eigenen verschlechtert sich Marios Laune bei Erreichen des Ortes. Als ich seinen Vorderreifen sehe, weiß ich warum. Jetzt hat er ´nen Plattfuß vorn! Zum Glück ist das Restaurant
nicht weit. Dort angekommen lassen wir Platten erst mal Platten sein und gönnen uns das längst fällige Konterbier. Es ist ein super schönes, kleines, privat geführtes Restaurant mit nettem
Innenhof, in dem wir sitzen. Die Karte ist zwar überschaubar, jedoch wird das bestellte Essen ad hoc von uns zum besten Essen der Reise gekürt. Es ist einfach lecker, und so schreibe ich
tatsächlich die erste Rezession meines Lebens. Zuuuu Recht! :)
Nach dem Essen übt sich Mario darin, seine Fähigkeiten im Flicken weiter zu perfektionieren. Und so sitzen wir anderthalb Stunden später gut gestärkt wieder im Sattel und radeln wieder der Küste entgegen. Es ist eine sehr staubige Angelegenheit, da es fast nur über sandige Feldwege geht. Wir wollen vor dem Eintreffen an unserem Bestimmungsort noch einen Abstecher in eine der vielen versteckten Buchten machen. Und zack, kurz vor der Bucht...Platten bei Mario. Ich komme nicht umhin, zu lachen und meine Späße darüber zu machen. Vielleicht versucht er mir ja nur spanisch zählen beizubringen. Uno, dos, tres ... Ich scherze, das ich quattro schon kenne und wir das weglassen könnten. Nein, Spaß beiseite, zum Glück finden wir heraus, dass Mario sich irgendwo, ganz versteckt, einen Stein eingefahren hat, welcher diese schleichenden Platten verursacht hatte. Nach der Reparatur kaufe ich Mario dafür ein „Trostbier“ am Strand. Danach geht’s weiter Richtung St. Antoni. Die Reifen halten bis dahin und wir können ins Hotel einchecken. Die Stadt ist ebenso ein typisches, überdimensioniertes Touristenmoloch an der Costa Brava. Zum Glück ist es dank Corona nicht so voll, wie es eigentlich hier wäre. Einziger Wermutstropfen, es gibt gefühlte tausend Restaurants, was die „Jagd“ nach Futter leicht macht. Wir bleiben noch lange draußen an der Promenade, lassen die Tage bisher Revue passieren und philosophieren über den Verlauf der nächsten Tage.
Tag 12 - Up and down
Aufgewacht. Irgendwie ist die Motivation heute noch geringer. Ich hab wirklich keinen Bock. Aber da wir echt gut im Plan liegen, müssen wir den Rest der Strecke ab jetzt sowieso ein wenig einteilen. Und so entscheiden wir, ins 34 Kilometer entfernte Tossa de Mar und seinen umliegenden Buchten zu fahren. Marios Geschwindigkeit heute morgen hat sich scheinbar mit meiner Lust auf`s Radeln abgesprochen. So kommen wir tatsächlich auch erst gegen elf Uhr los. Das heißt, wir müssen uns nicht sorgen, zu erfrieren. Im Ernst, es ist wirklich sehr sehr heiß heute. Wir radel der Promenade St. Antonis entlang um an deren Ende rechts abzubiegen. Dort geht es einen Berg hinauf, der uns zum Schieben zwingt und mich auslaufen lässt. Mir schießt das Wasser förmlich aus allen Poren und meine Lust sinkt unter Null. Aber es nützt nichts und so radele ich weiter steil bergauf. Oben angekommen ist, spätestens beim Blick hinunter zur Küste, alle Anstrengung vergessen. Atemberaubend. Wir fahren weiter und folgen der Küstenstraße nach Tossa de Mar. Wieder geht es bergauf. Doch was dann folgt als es wieder bergab geht, gleicht einer Achterbahn. Auf den nächsten 25 Kilometern rollen und strampeln wir abwechselnd die Serpentinen der Küstenstraße hinab und hinauf.
Ein Wechsel zwischen Genuss bei den Abfahrten und Plackerei beim hinauf radeln. Diese ist jedoch aufgrund der traumhaften Aussichten und den folgenden Abfahrten schnell wieder vergessen. Es ist derart eindrucksvoll, ich kann gar nicht genug Fotos schießen. Jedoch lasse ich irgendwann Kamera Kamera sein, um das Ganze einfach zu genießen. Immer wieder erhascht man dabei Blicke auf die kleinen Buchten mit ihren weißen Stränden und dem türkisfarbenen Wasser. Kilometer um Kilometer geht das so und irgendwann stehen wir völlig verschwitzt - aber happy - oberhalb von Tossa und schauen auf die Stadt hinunter. Jetzt merken wir aber auch erst einmal richtig, wie warm es heute ist. Fast unmenschlich. Deshalb radeln wir schnell runter in die Stadt, um uns ein Schattenplätzchen und etwas Essen zu suchen. Erst im Restaurant merken wir, wie platt uns diese paar Kilometer gemacht haben. Wir können etwas runterfahren, essen, und begeben uns zum vorab gebuchten Hotel. Wir checken ein und kaum auf dem Zimmer, pennen wir ein. Mit Einbruch der Dunkelheit erwache ich und mache mich auf den Weg an die Promenade von Tossa. Ich will ein paar Bilder machen und ´ne Kleinigkeit essen. An diesem Abend sind wir getrennt unterwegs. Der ganze Abend ist auch eher unspektakulär, da wir beide so erschöpft sind. Und so endet dieser Tag recht früh.
Tag 13 - Tourikram
Wie bereits erwähnt, hatten wir uns dazu entschlossen, einen Tag hier in Tossa zu bleiben, um etwas zu relaxen und auch mal unsere Sachen zu waschen.
Ich stehe jedoch recht zeitig auf, um wieder einmal den Sonnenaufgang zu knipsen. Kurz vor sechs schlendere ich der Promenade entlang. Am linken Ende der Bucht ragen einige kleine Felsen aus
dem Meer. Auf einem wächst ein kleines Bäumchen, was ihn zu einem wirklich schönen Fotomotiv macht. Ich bin nicht allein. Am Strand bei den Felsen döst ein Radreisender in seinem Schlafsack
direkt am Wasser. Ich frage mich, warum wir das nicht sind? Schöner kann man früh wohl kaum erwachen. Die ganze Szenerie ist einfach nur traumhaft. Ich hoffe, dass die Bilder das
widerspiegeln werden. Nach ein paar Bildern lege ich die Kamera beiseite, setze mich in den Sand und genieße die friedliche, ruhige Morgenstimmung. Nach eine Weile wackele ich entspannt
zurück ins Hotel.
Gegen Mittag schnappen wir uns eines dieser Touristenboote, welches die umliegenden Buchten ansteuert. Ich Eigenbrötler würde sonst nie solchen Touri-Kram machen, aber es ist für uns ´ne günstige Variante, um in einer der Buchten am Strand zu relaxen. Und auch hier muss ich sagen, Corona sei Dank, ist an den Stränden der umliegenden Buchten deutlich weniger los, als sonst in dieser Jahreszeit. Es ist ein entspannter Nachmittag am Strand, mit ein bis zwei Kaltgetränken. Gegen frühen Abend fahren wir zurück nach Tossa. Der Abend beginnt wie immer: mit der Suche nach Nahrung. Das Angebot ist riesig. Wir entscheiden uns für indisches Essen. Einfach, um mal was Anderes zu essen und für mich als Veganer immer eine gute Adresse. Nach dem Essen erkunden wir noch etwas die Stadt und so geht es von einer kleinen Kneipe zur anderen. Hängen bleiben wir jedoch an einem kleinen Pub. Dieser füllt sich nach und nach fast ausschließlich mit Holländern. Und irgendwie setzen wir uns komplett fest. Ich lerne zwei Sachen: Erstens, dass es in Spanien extrem viele Billiglohnarbeiter aus Südamerika gibt. Und zweitens, dass ich echt nix vertrag und es nie funktioniert nur „auf ein Bier“ loszugehen. Zum Glück ist das Hotel gleich um die Ecke.
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