Punk´n Gravel 2023
Es ist der 20.07.23 morgens. Mein Fahrrad ist wieder einmal fertig beladen für meine diesjährige
Tour nach Slowenien zum Punkrock Holiday. Ich habe die üblichen Sachen, wie Zelt, Schlafsack
und Co dabei. Die Nerds unter euch finden hier das ganze Equipment das ich auf der Tour dabei
hatte. Der Ursprungsplan sah, ähnlich wie letztes Jahr vor, über das Krach am Bach Festival in
Bayern und das Distruggi la bassa Festival in Italien zu fahren. Jedoch kam mir ein Fotoprojekt mit
Skateaid in Uganda dazwischen, so dass ich alle Pläne verwerfen musste. Das hatte jedoch auch ein
was Gutes. Ich kann so zum ersten Mal zum Back to Future Festival, in Glaubitz/ Sachsen, fahren.
Auch dort freuten sie sich das ich als Fotograf dabei bin. Also neuer Plan, Glaubitz, dann Bus nach
Italien zum DLB Festival, und dann weiter radeln nach Slowenien. So der Plan. Doch natürlich kam
wie immer alles anders....sehr anders.
Ich mache mich auf und mein erstes Ziel heißt Bahnhof Wernigerode. Ich muss den Zug nehmen, da ich nur einen Tag für die Anreise ins sächsische Glaubitz habe. Ich werde diesen irgendwo
mittendrin verlassen, um wenigstens noch ein paar Kilometer zu radeln. Bei Verlassen von
Elbingerode bin ich noch zuversichtlich, dass mich die am Himmel stehenden Regenwolken
verschonen werden. Doch Pustekuchen. Kurz vor Wernigerode bringt es sintflutartig über mich
herein. Ich schaffe es zwar mich unterzustellen, bin jedoch schon klitschnass und obendrein pappe-
satt. Na, das kann ja was werden, denke ich noch. Und in der Tat war das nur ein kleiner
Vorgeschmack auf das was noch kommen sollte. Da es nicht aufhört zu regnen und ich sowieso
schon nass bin, verlasse ich meinen Unterstand und fahre weiter zum Bahnhof. Und natürlich endet
der Regen just in dem Moment, in dem ich dort ankomme. Grummelnd und durchnässt steige ich in
den Zug.
Die Zugfahrt verläuft planmäßig und ich steige halbtrocken in Oschatz aus. Von da folge ich grob
den Bahnschienen bis Riesa und weiter nach Glaubitz. Es werden am Ende ca. 40 Km die ich
zurücklege. Mehr wollte ich auch nicht. Schließlich liegen nun 3 Tage Festival vor mir. Und auch
wenn ich da zum fotografieren bin, heißt das ja nicht, das es nicht durchaus lange geht. Denn wenn
ich ein was gut kann, dann letzter Gast sein. Ich möchte hier jedoch gar nicht weiter auf das Festival eingehen, da es mir hier im Text mehr um die Radreise geht. Nur soviel, ich war jeden Tag
letzter Gast. Das sagt alles. Ein wirklich gelungenes Festival. Eine Bildergalerie dazu gibt es hier.
Mit einem „toten Vogel“ im Mund und Restkopfschmerz erwache ich im Merchandisezelt. Drei Tage hab ich hier geschlafen und das hatte echt Vorteile, sowohl für mich als auch für Ines von
Tmom-Merch, der das Zelt gehört. Meine Anwesenheit hält einerseits Diebe fern, und mir bescherte es kurze Wege. Win-win Situation. Aber nun muss ich los. Also alles zusammensuchen, Rad
beladen, und mich halbwegs frisch machen. Kamera und Laptop gebe ich meinem Kumpel Markus
mit, welcher die Sachen dann mit zum Punkrock Holiday bringt. Etwas zerknautscht rolle ich vom
Festivalgelände Richtung Elberadweg. Plan ist nach Dresden zu strampeln und von da aus mit dem
Flixbus nach Graz, von wo aus ich weiter zum Festival in Italien radeln will. Doch irgendwie
möchte ich nicht Bus fahren, sondern Fahrrad. Das Wetter für die nächsten Tage sieht auch gut aus,
also zumindest laut App. Ich ändere spontan meinen Plan, storniere den Bus, cancele das Festival in Italien und beschließe nun, über Prag, Budweis, Wien und Bratislava nach Maribor in Slowenien
zu fahren. Und von da aus würde ich entscheiden, ob ich mich irgendwo mit Markus treffe oder direkt zum Festival fahre.
Gesagt, getan. Fühlt sich gut an, und so folge ich einfach dem Elberadweg. Ich passiere Meißen und
Dresden und freue mich, noch, über meine Entscheidung und genieße die Panoramen die an mir vorbeiziehen. Ich fahre bis Pirna. Dort checke ich spontan in eine Pension ein, um mich richtig
duschen zu können und den Festivaldreck loszuwerden. Danach falle ich zeitnah in einen tiefen und festen Schlaf. Wahrscheinlich waren die letzten drei Tage doch etwas anstrengend.
Gut ausgeschlafen und wie ein neuer Mensch erwache ich am nächsten Morgen. Schnell ist mein
Rad wieder beladen und ich mache ich auf den Weg. Ich folge wieder dem Elberadweg, auf dem
man gut vorankommt. In Bad Schandau hole ich mir im Supermarkt, Kaffee, veganes Hack und
Brötchen und frühstücke damit schön am Ufer der Elbe. Könnte schlechter sein, denke ich mir so.
Und das wird es dann auch ein wenig später. Denn kurz nach der deutsch- tschechischen Grenze,
bei Dezin, erwischt mich der erste heftige Regenschauer. Ich kann zwar noch die Regenjacke
überwerfen, doch binnen Minuten habe ich nasse Füße. Da hatte Wetteronline wohl gelogen, denn
die App hatte nichts von Regen erwähnt. Na ja, kann ja mal passieren. Von so einem kurzen Schauer
wollte ich mir nicht die Laune verderben lassen. Ich komme gut voran, merke aber, dass ich dieses
Jahr nicht so fit bin wie im letzten Jahr. Aber das gute an langen Touren ist ja, das es automatisch
besser wird. Nach einem kurzen Stopp in Dezin, geht es weiter Richtung Usti nad Labem. Und
zirka 20 Kilometer weiter zeichnet sich der zweite Wolkenbruch am Himmel ab. Clevererweise
reagiere ich bei den ersten Tropfen rechtzeitig und finde Unterschlupf in ein kleinen Bar. Ich bin der
einzige Gast und habe die überdachte Terrasse für mich allein. Ich beschließe den Regen mit Bier
auszusitzen. Gute Idee, denn jetzt öffnen sich die Schleusen am Himmel richtig. Es gießt wie aus
Eimern. Beim Blick auf die Wetteronline App muss ich feststellen, dass diese sich entweder tot
stellt, oder weiter einfach darauf beharrt im „Schönwetter – Modus“ zu bleiben. Egal. Eine Stunde und zwei Bier später kann ich meine Fahrt fortsetzen. Jetzt ist auch das Wetter so wie es
Wetteronline gern hätte. An mir zieht die schöne Landschaft des tschechischen Elberadwegs vorbei.
Kleine Berge wechseln sich mit üppigen grünen Tälern ab. Mal bin ich näher am Fluss, mal weiter
weg. Ich persönlich liebe Tschechien. Alles ist etwas einfacher gehalten, und hat seinen eigenen
Charme. Und irgendwie drehen sich hier die Uhren schon langsamer. Außer beim Autofahren. Da
ist der tschechische Landsmann eher unentspannt. Komisch das es keine bekannten tschechischen
Rennfahrer gibt....
Ich passiere irgendwann Usti nad Labem, die Partnerstadt von Chemnitz, in der ich früher mal im
Ferienlager war. Eine Arbeiterstadt, deren Randbezirke große Plattenbausiedlungen säumen. Auch das Zentrum ist eher der Kategorie „schön zu durchfahren“ zuzuordnen. Und genau das mach ich
auch. Ich habe auf Komoot einen Zeltplatz, einige Kilometer weiter ausfindig gemacht, auf dem ich
heute bleiben möchte. Auf dem Weg dahin passiere ich den wahrscheinlich schönsten Teil des
Elberadwegs. Malerisch schlängelt sich hier der stolze Fluss durch die grünen Berge. Überall an den
Ufern befinden sich Bungalows und Bootanlegestellen. Und auch das Wetter zeigt sich nun von einer besseren Seite. So lassen sich die letzten Kilometer bis Lovosice aushalten. Dort erreiche ich in
der Abenddämmerung den angesprochenen Zeltplatz. Er liegt an einem See, und für 8 Euro die Nacht kann ich mein Zelt „irgendwo“ hinstellen. Ich liebe Tschechien. Und so sitze ich wenige Minuten
später mit einigen Kaltgetränken im Sonnenuntergang an einem See in der tschechischen Provinz. Könnte schlechter sein.
Neuer Tag, neues Glück. Ich erwache nach wirklich gutem Schlaf in meinem Zelt. Da ich auch
heute gut vorankommen möchte, packe ich relativ zügig alles zusammen und verlasse den Zeltplatz,
der Elbe folgend in Richtung Prag. Die Frau von Komoot leitet mich dazu wieder auf den
Elberadweg. Und auch ihre Kollegin von Wetteronline verspricht mir heute gutes Wetter. Na mal sehen. Der Radweg ist super ausgebaut und ich komme wirklich schnell voran. So bin ich bereits gegen
elf in Roudnice n.L., wo ich eine Pause mache, um etwas Nahrung aufzunehmen. Es gibt Hermelinkäse, ein tschechischer Camembert, eingelegt in Öl und Knoblauch. Und ja, richtig, ich bin Veganer
seit viereinhalb Jahren, aber wenn in Tschechien, dann gibt es mindestens einmal Hermelinkäse. Und ihr könnt ja gern mal versuchen in der tschechischen Provinz vegan zu bleiben. Da begegnet man
eher einem Rudel Schneeleoparden, als veganen Alternativen. Weiter geht es, vorbei an Industrieanlagen, Plattenbauten und flacher Landschaft. Kurz gesagt, die Landschaft glänzt nicht mehr so wie
noch einige Kilometer vorher. Einzig das vor mir liegende Melnik, mit seiner Kirche oberhalb des Flusses sieht einladend aus. Jedoch schlage ich diese Einladung, aufgrund des steilen Anstiegs
hinauf in die Altstadt, aus und lasse die Stadt links liegen.
Wie zur Strafe verdichten sich innerhalb der nächsten Kilometer die Wolken am Himmel
bedrohlich. Zirka zwei Stunden bleibe ich noch trocken. Und dann geht es los. Ich hatte gerade eine
weitere kurze Pause eingelegt, und anstatt noch ein Weile dort zu verharren, quäle ich mich nun wo
der Regen einsetzt einen nicht wenig steilen Anstieg, durch ein Plattenbauviertel hoch. Doch auch dort komme ich nicht etwa auf die Idee mich unterzustellen. Nein, stattdessen radele ich raus
aus
diesem Vorort und komme auf eine Art Hochebene. Auf dieser muss ich links in einen Feldweg abbiegen und diesem zwei Kilometer über eine Freifläche folgen. Und na klar, genau jetzt werden die
Donnerschläge lauter und am Horizont sind die Blitze nun deutlich zu sehen. Aber an eben jenem Horizont befindet sich auch meine einzige Unterstellmöglichkeit, ein größerer Gebäudekomplex. Also
trete ich, unter lautem Verfluchen der Wetterapp, so fest ich kann und hoffe einfach ohne vom Blitz getroffen zu werden, dort anzukommen. Ob durchnässt oder nicht spielt dabei jetzt gerade keine
Rolle.
Natürlich schaffe ich es und kann mich an dem Komplex unterstellen. Aber Gewitter machen
einfach keinen Spaß. Die Launen der Natur kann man nicht vorhersagen. Aber egal, ich bin erst
einmal sicher hier. Einzig ein Kaltgetränk wäre jetzt schön. Aber man kann ja nicht alle haben. Erst
jetzt hat sich meine Wetterapp auch dazu entschieden mir das Wetter anzuzeigen, das auch wirklich ist. Ein Hoch auf die Programmierer. Der Regen hört nicht auf, wird aber deutlich weniger und die
Gewitterfront zieht von dannen. So kann ich mich wieder auf meinen Bock schwingen und die
letzten 25 Kilometer bis Prag hinter mich bringen. Aufgrund des Regens buche ich spontan noch
schnell ein Zimmer. Kein Bock auf zelten bei dem Wetter.
Es geht wieder hinab an den Fluss. Doch nicht an die Elbe sondern an die Moldau. Dieser muss ich
einfach nur folgen um ins Zentrum von Prag und zu meiner Unterkunft zu gelangen. Dabei stoppe
ich unterwegs noch für das bereit vorher gewünschte Kaltgetränk und radle dann gemütlich im seichten Nieselregen zu meinem Ziel. Bei diesem handelt es sich um eine etwas in die Jahre
gekommene Kneipe, mit Gästezimmern. Da die Kneipe heute geschlossen ist, kann ich
glücklicherweise im Gastraum mein Rad sicher abstellen. Heißt aber auch das ich nochmal raus
muss zum einkaufen. Also raffe ich mich nochmal auf und besorge mir alles nötige für einen
gemütlich Abend im Zimmer der Unterkunft. Denn Wetter und der Stadtteil in dem ich hier bin sind
nicht sonderlich einladend. Aber ich bin eh müde und falle zeitig ins Bett.
Am nächsten Morgen regnet es. Und das nicht wenig. Auch meine neue Lieblingsapp verkündet nix gutes. Also buche ich mir einen Bus bis runter nach Budweis, wo das Wetter laut Vorhersage besser
sein soll. Auch in den nächsten beiden Tagen. So umgehe ich auch die tschechische Einöde, denn der Plan, entlang der Moldau zu radeln, erweist sich als nicht umsetzbar. Erst recht nicht bei
Regen.
Ich habe ein wenig Glück und erwische für meine Fahrt in die Innenstadt, zum Busterminal, ein
regenarmes Zeitfenster. So baue ich noch einen Abstecher hoch zum Stadtpark von Prag ein, um
noch einen Blick über die Stadt zu erhaschen. Gegen 12.30 Uhr erreiche ich die Busstation, und
kurz darauf sitze ich im Bus nach Budweis. Draußen ist jetzt Sonnenschein. Verdammte Wetterapp.
Knapp zwei Stunden braucht der Bus bis zur Bierstadt Budweis im Süden von Tschechien. Hier
angekommen weicht der Sonnenschein dunklen Gewitterwolken, und es beginnt kurz darauf zu
regnen. Scheiss Wetterapp! Ich radle ins Zentrum, um ein Kaltgetränk auf die App zu trinken. Und
natürlich um auf die versprochene Wetterbesserung zu warten. Es werden zwei Kaltgetränke bis die
Regenwolken abdrehen. Ich nutze den Moment und schwinge mich auf´s Rad. Ich will noch bis zur
österreichischen Grenze heute, wo ich auf Komoot einen Campingplatz ausfindig gemacht habe.
Doch beim verlassen der Stadt muss ich feststellen, das es sich die Regenwolken nochmal anders
überlegt habe. Dazu haben sie sich mit Gewitterwolken verbündet und sich so zu mächtig großen, dunklen Wolken geworden, welche grollend und blitzend auf mich zukommen. Ich suche
Unterschlupf in einer Bushaltestelle und lasse dort dieses ausgewachsene Gewitter über mich
hinweg ziehen.
Weiter 45 Minuten später kann ich dann endlich meinen Weg fortsetzen. Aber die Regenjacke
brauch ich trotzdem, da die Straßen vom Regen noch nass sind und ich das Spritzwasser der
vorbeifahrenden Autos magisch anziehe. Noch dazu muss ich anfangs den gut befahrenen
Hauptstraßen folgen, was ich schimpfend und fluchend auch mache. Doch auch das vergeht und
irgendwann wird einfach der Verkehr weniger. Je näher ich der Grenze komme, um so dörflicher
wird es wieder. Vorbei an Seen und Feldern geht es immer moderat auf und ab. Nur einen Anstieg,
den hinauf nach Nove Hrady, muss ich noch bezwingen. In der kleinen Stadt esse ich noch zu
Abend, bevor ich mich dann frisch gestärkt auf mach zu meinem Nachtquartier. Sieben Kilometer
weiter erreiche ich den vermeidlichen Campingplatz, welcher sich als alte verlassene Tankstelle entpuppt. Komoot macht heute bestimmt gemeinsame Sache mit Wetteronline, denke ich mir und fluche
erneut. Alternativ bietet mir Komoot einen weiter Campingplatz an, ca. acht Kilometer entfernt. Mach ich natürlich, auch wenn mein Vertrauen in die App gerade nicht mehr so groß ist. Es dämmert
bereits und ich folge dem Weg, einer schmalen Teerstraße, die in einen Wald führt. Nach einem Kilometer geht es steil bergab, danach wieder steil bergauf. So geht das über 6 Kilometer.
Jedoch überwiegen die steilen bergab Passagen. Der Gedanke, morgen früh die ganzen Berge
wieder hinauf strampeln zu müssen nervt mich jetzt schon. Noch dazu weiß ich nicht ob ich jetzt
wirklich auf einem Zeltplatz ankomme. Doch ich werde diesmal nicht enttäuscht. Mit Einbruch der
Dunkelheit erreiche ich einen kleiner, recht gut besuchten Campingplatz mitten im Wald. Für
umgerechnet 15 Euro kann ich mein Zelt irgendwo aufschlagen. Die letzten zwei Euro in Kronen
gebe ich für ein Kaltgetränk aus, welches heute irgendwie doppelt gut schmeckt. Mit dem Geräusch
von leichtem Nieselregen auf meinem Zelt falle ich irgendwann in einen tiefen Schlaf.
Kommentar schreiben